Samstag, 16. Juni 2007

"La Neuvaine"

Eine depressive Ärztin, die nicht verwinden kann, dass eine Patientin vor ihren Augen erschossen wurde, trifft einen jungen Mann, der sich nicht damit abfinden will, dass seine Großmutter bald sterben wird. Die eine flieht aus ihrem Umfeld, will sich gar vollkommen aus dem Leben verabschieden, der andere hält sich fest – an der Religion. Am Ende kann jeder dem anderen etwas geben.

In klaren, konzentrierten Bildern erzählt der kanadische Regisseur Bernard Émond die Geschichte der traumatisierten Ärztin Jeanne. Als sie entschlossen auf den Fluss zugeht, stört sie nur zufällig der junge François und verhindert ihren Selbstmord. Das Zeitfenster, in dem er auftaucht, entsteht erst durch die einzige optische Spielerei im Film: Durch die filmische Verflachung des Raums wähnt der Zuschauer die nachdenkende Jeanne schon unmittelbar vor dem Freitod im Fluss (hierzu unbedingt auch Rudolf Arnheims „Film als Kunst“ lesen).

Ohne ihre traumatische Geschichte zu erzählen, die auch der Zuschauer nur in komplexen Rückblenden erfährt, findet Jeanne Halt bei dem stoisch ruhigen Dorfmenschen. Seine tiefreligiöse Novene (La Neuvaine), in der er tagelang für die Heilung der hoffnungslos herzkranken Großmutter betet, betrachtet sie mit Distanz, seine konsequente Hoffnung lässt Jeanne aber mit der Zeit selbst wieder Mut schöpfen.
François findet seine Ruhe erst, als Jeanne ihm in ihrer weltlichen, medizinischen Art den unausweichlichen Tod seiner Großmutter als ein humanes Ende beschreibt.

Auch wenn die Charaktere am Ende beide voneinander lernen, steht die Religion im Mittelpunkt des Filmes. François' Vertrauen auf ein katholisches Wunder kann Jeanne zwar nicht teilen, doch auch sie sucht in inneren Zwiegesprächen nach dem Halt einer höheren Instanz. Wegen seinem undogmatischen Zugang zur Religiosität wurde der Film 2005 von der Ökumenischen Filmjury ausgezeichnet.

Weitere Vorführungen: So, 17.6. 2007 um 17 Uhr im Cinéma Paris


www.laneuvaine.com

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