Dienstag, 19. Juni 2007

Notizen am Rande: "L'Intouchable"

ein Film von Benoît Jacquot 2006, Frankreich

...Klatsch!…
...ein unberührbarer Vater…
...ein unerträglicher Alltag
...ein hysterischer Brecht...
...ein sesshafter Nomade...
...ein unbekannter Unberührbarer...

An ihrem Geburtstag erfährt Jeanne von ihrer Mutter, dass sie einen indischen Vater hat, der zudem zur Kaste der Unberührbaren gehört. Danach kämpft sich die Fabel durch das Dickicht, Jeanne auf der Spur, die von dem Wunsch besessen ist, ihren Vater zu finden.

Der Film verbindet das Genre Road-movie mit existentiellen Prüfungen. Wir begleiten Jeanne auf eine Reise in das für sie unbekannte Indien. Um das möglich zu machen, muss sie sich zunächst selbst überwinden, ihr Theaterengagement aufgeben, sich auf dem Kinoaltar opfern, den sie abgrundtief hasst. Es fällt ihr relativ leicht, die Aufgaben dieser Prüfungen zu erkennen, zu bestehen und in dem dichtbesiedelten Indien den richtigen Weg zu finden. „Folge deiner Intuition, deinem Unbewussten, folge dir selbst...“, lautet ihre Maxime.

Wir lernen Jeanne in einem Moment von Emotionslosigkeit und Zurückhaltung kennen, wo sie an den Kulissen ihres Lebens vorbeigleitet. Sie verlässt die gewohnte und vertraute Umgebung, um ihre Freiheit zu gewinnen. Den Höhepunkt, der ihre Existenz ins Gleichgewicht bringt, erreicht die Reise in Indien. Ab dem Augenblick, in dem sie ein Bild von ihrem Vater hat, sind die Filmbilder gesättigt und Farbe wird zum wichtigen Element.

Jeanne - und damit auch der Zuschauer - ist der Distanzlosigkeit der Kamera ausgeliefert. Die Kamera folgt ihr und dem eigenartigen Panoptikum um sie herum auf Tritt und Schritt. Durch diese mobile, bewegliche Kamera und das minimalistische Licht wird der Film auf seine Art dokumentarisch.

Die Kameraführung verzichtet auf jegliche Bewertung des Geschehens. Sie beschränkt sich auf die Darstellung von Ereignissen: ein bestimmter Mensch in einer konkreten Situation, mit der wirklichen Vielfalt seiner unmittelbaren Lebenserfahrung, in der die notwendigen und zufälligen Momente miteinander verwoben sind.

Jacquot zeigt das Leben als eine unaufhörliche Unbeständigkeit, als eine diskrete Mischung aus verschiedenen Ereignissen, die trotz ihres bunten Mosaiks ein Lebensornament zeichnen.

Siehe auch Kritik zu L'Intouchable

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