Dienstag, 19. Juni 2007

"La raison du plus faible"

Lüttich, Belgien. Drei Arbeitslose wollen die Geschäftsleute bestehlen, die sich am Rückbau der lokalen Industrie bereichern. Ein Motorroller für die Frau, ein Urlaub, ein neuer Rollstuhl – groß sind ihre Wünsche nicht.

La Raison Du Plus Faible gibt sich erstmal als sympathisches Heist-Movie. Wir dürfen uns zurücklehnen und schmunzelnd die Pläne der drei Helden verfolgen, die sich von einem Profi, dem Ex-Knacki Marc, beraten lassen. Ernsthafte Probleme? Höchstens, dass die Nachbarn klopfen, weil das Absägen von Schrotflinten in der Etagenwohnung etwas zu laut gerät.

Für ihre Motivation lässt Regisseur Lucas Belvaux seine Figuren aber auch ernsthaftere Töne finden: „Sie haben uns fünf Generationen lang in der Stahlschmelze ausgebeutet. Die Fabrik wurde unser Leben. Jetzt verkaufen sie unser Leben und wir wollen unseren Teil abhaben.“ Der Film gönnt seinen Protagonisten volle Sympathie und die Moral haben habe sie auch auf ihrer Seite. Es geht nicht nur um einen Motorroller – es geht auch um Gerechtigkeit.

Der Überfall beginnt noch mit Slapstick-Humor zum Thema Währungsreform („Wieviel ist im Safe?“ - „Eine Million.“ - „Wieviel ist das in Euro?“ - „Naja, eine Million Euro!“). Doch natürlich geht der Plan nicht auf. Ein Wachmann wird erschossen. Die Polizei steht vor der Tür. Die Gelegenheitskriminellen sind überfordert, suchen gemeinsam mit ihrem erfahrenen Mentor Marc nach einem Ausweg. Die drei Helden stellen sich, Marc nimmt alle Verantwortung auf sich und flieht auf das Dach. Scharfschützen lauern, Hubschrauber, das volle Programm. Wir warten auf den genialen Twist, der Rettung bringt. Doch Marc stirbt im Kugelhagel, in großen Bildern, mit viel Pathos. Das war's.

Das soziale Thema des Films gerät in der zweiten Hälfte aus dem Focus, am Ende sind die Arbeitslosen nur noch drei kleine Jungs, die mit dem Feuer spielen und gerade noch davonkommen. Der einzige „echte“ Kriminelle Marc muss aber büßen und stirbt den Märtyrertod. Die skrupellosen Geschäftsleute bleiben unbeschadet (abgesehen vom Geld, das nett vom Wind unters Volk geweht wird). Tot ist nur der Wachmann. Am Anfang hatten die Protagonisten die Moral auf ihrer Seite. Was ist am Ende die Moral des Films? Bleib sauber, auch wenn es dir schlecht geht? Selbst die größte Ungerechtigkeit und die tiefste Liebe können Kriminalität nicht rechtfertigen? Das Recht des kleinen Mannes ist am Ende verschwunden.

La Raison Du Plus Faible spielt auf zu vielen Ebenen. Er versucht ein Genre zu bedienen, dessen Form er nicht erfüllen kann. Er konstruiert Motivationen, die einfach fallen gelassen werden. Es muss nicht immer ein Happy End sein. Ein Film muss nicht immer Antworten geben. Aber er sollte wenigstens Fragen stellen. Hier bleibt nur ein diffuses „Was soll das?“

Ach ja, die Musik war auch langweilig.

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