Montag, 18. Juni 2007

Zuschauergespräch mit Maïwenn

Der Film ist zu Ende, doch wo ist die Regisseurin, die angekündigt wurde? Man schaut enttäuscht Richtung Tür, keiner hat Lust aufzustehen und zu gehen. Da betreten sie den Kinosaal, Maïwenn, die Regisseurin von „Pardonnez-Moi“ und die Cutterin Laure Gardette. Das Gespräch wird fast eine Stunde dauern, der Film hat viele und vieles in Bewegung gebracht.

Ich möchte hier nur einige interessante Fakten zur Produktion des Films wiedergeben. Denn: worum es ihr im Film ging? Bitte unbedingt anschauen, wenn er hoffentlich in die deutschen Kinos kommt! Und auf private Fragen mochte sie nicht antworten, z.B. ob ihre Eltern „Pardonnez-Moi“ gesehen und wie sie reagiert haben. Sie ärgert sich über die französische Presse, die in den meisten Beschreibungen der persönlichen Story Maïwenns mehr Raum gab, als dem Film als Kunstwerk, den formalen Aspekten und den Schauspielern.

„Pardonnez-Moi“ ist der zweite Spielfilm von Maïwenn, die schon sehr jung als Filmschauspielerin startete. Da ihr für ihr Vorhaben keinerlei Förderung zur Verfügung stand, löste sie ihre Lebensversicherung auf, um drehen zu können. Dabei arbeitete sie ganz auf sich gestellt, ohne Produktionsfirma. Nur wenige der Schauspieler, die sie sich für die Rollen gewünscht hatte, wollten sich auf das Experiment einlassen. Aber als Zuschauer wünscht man sich keine anderen! Sie haben sich auf das Experiment dieses Films eingelassen, weil sie gerade mit dieser Arbeitsweise besonders gut umgehen können, so scheint es.

Experiment: Es gab nie ein Drehbuch. Maïwenn hat Szenen geschrieben, die Dialoge aber nur angedeutet. Die Schauspieler sollten den Text improvisieren, genau wie ihre Handlungen. Geprobt wurde nicht. Dafür wurden die einzelnen Einstellungen zum Teil bis zu einer halben Stunde laufen gelassen, so dass es viel Raum gab, die Szenen und das Spiel zu entwickeln. Der Film wurde in nur fünfzehn Tagen gedreht, wobei fünfundfünfzig Stunden Material entstanden.

Als Violetta will Maïwenn in „Pardonnez-Moi“ einen dokumentarischen Film über ihre Familie drehen. Die Kamera dient ihr als Hilfsmittel, als Waffe kann man sagen, um Schweigen und Lüge zu überwinden. Sie persönlich, so Maïwenn, wäre nicht in der Lage gewesen, einen Dokumentarfilm zu machen. Sie brauchte den Schutz der Fiktion.

Die Stunde ist schnell herum gegangen, es betreten die Zuschauer für den nächsten Film den Saal. Interessant, dass im Gespräch nur Franzosen und Französinnen Fragen stellten. Vielleicht waren wir die einzigen Deutschen im Kino? Oder es ist die typisch deutsche Zurückhaltung, die sich gezeigt hat. Wir hören eben auch gerne mal nur zu...

Keine Kommentare: